Betretungsverbot von Alten- und Pflegeheimen und weiteren Einrichtungen

Mit sofortiger Wirkung tritt die heute vom Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge erlassene Allgemeinverfügung des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in Kraft, die das  Betretungsverbot von Alten- und Pflegeheimen, Einrichtungen, die dem Sächsischen Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz unterfallen sowie stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe auf dem Gebiet des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge regelt.
Diese Maßnahme ist erforderlich, da sich der neuartige Coronavirus zunehmend auch in Deutschland ausbreitet.
Die Allgemeinverfügung ist veröffentlicht und ortsüblich bekanntgegeben auf der Internetseite des Landratsamtes unter www.landratsamt-pirna.de/ortsuebliche-bekanntgabe-kreistag.html.

 

 

Allgemeinverfügung des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Regelung des Betretungsverbots von Alten- und Pflegeheimen, Einrichtungen, die dem Sächsischen Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz unterfallen sowie stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe auf dem Gebiet des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

  1. Alten- und Pflegeheime, Einrichtungen, die vom Anwendungsbereich des § 2 Sächsischen Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz (SächsBeWoG) erfasst sind, sowie stationäre Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge dürfen von Besuchern nicht betreten werden.
  2. Vom Verbot der Ziffer 1 ausgenommen sind therapeutisch oder medizinisch notwendige Besuche, das Betreten durch Handwerker für nicht aufschiebbare bauliche Maßnahmen am Gebäude sowie Reparaturen an Infrastruktureinrichtungen sowie durch Angehörige bei Vorliegen eines dringenden Notfalls. Diese Personen haben ihren geplanten Besuch telefonisch bei der Einrichtung anzukündigen.
  3. Diese Verfügung tritt am Tag nach der ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft.
  4. Auf die Bußgeld- und Strafvorschriften des § 73 Absatz 1a Nr. 6 IfSG und § 75 Absatz 1 Nr. 1 sowie Absatz 3 und 4 IfSG wird hingewiesen.

Begründung:

I.

Das Landratsamt des Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist gemäß § 28 Absatz 1 Satz 2 des IfSG in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSGZuVO)
sachlich zuständig. Es ist weiterhin gemäß § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) auch örtlich
zuständig für den Erlass dieses Bescheides.

II.

Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist, § 28 Absatz 1 Satz 1 IfSG. Unter diesen Voraussetzungen kann die zuständige Behörde gemäß § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 3 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen. Sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.

III.

Aktuell erhöhen sich täglich die Zahlen derer, die nachweislich an dem neuartigen Coronavirus erkrankt sind und auch die Zahl der begründeten Verdachtsfälle steigt an. Da mittlerweile auch Italien und weitere Gebiete in Europa als Risikogebiet eingestuft wurden und viele Personen sich in den letzten Wochen dort aufgehalten haben, ist davon auszugehen, dass sich viele Personen mit dem Virus angesteckt haben. Im Gebiet des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sind bereits einige bestätigte Fälle registriert worden und es ist davon auszugehen, dass die
zugrundeliegenden Infektionsketten weit verzweigt sind und es auch eine große Zahl infizierter Personen gibt, die asymptomatisch sind, da man eine Ansteckung oft gar nicht bemerkt, weil diese ohne Symptome verläuft. Die häufigen Symptome können auch für eine Erkältung oder einen grippalen Infekt gehalten werden. Es handelt sich bei dem Ausbruchsgeschehen um eine sich sehr dynamisch entwickelnde und ernst zu nehmende Situation. Bei einem Teil der Fälle sind die Krankheitsverläufe schwer, auch tödliche Krankheitsverläufe kommen vor. Es ist daher möglich, dass Besucher, die gar nicht wissen, dass sie krank sind oder ihre Symptome nicht in den
Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus bringen bzw. verharmlosen, Personen, die in den unter Ziffer 1 genannten Einrichtungen leben bzw. arbeiten, anstecken können.

In den unter Ziffer 1 genannten Einrichtungen werden vielfach Personen betreut, die durch eine Infektion mit dem neuen Erreger in besonders schwerer Weise gesundheitlich gefährdet wären. Zum Schutz dieser besonders vulnerablen Personengruppen stellt die Beschränkung des Zutritts eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme dar. Neben der Vermeidung von Einträgen des Erregers in die Einrichtungen wird auch die medizinische Versorgung unterstützt. Die Gefahr der Erkrankung des betreuenden und medizinischen Personals wird verringert.

Bei unbeschränktem Zugang von Besuchern würden bei dem aktuell hohen Risiko, dass die Besucher an dem neuartigen Coronavirus erkrankt sind, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verletzung eines geschützten Rechtsguts, hier die Gesundheit bzw. das Leben von deutlich gefährdeten Personengruppen, geschehen, wenn weiterhin ohne Beschränkungen alle Besucher zugelassen werden. Die Verbreitung des Virus würde zudem vorangetrieben werden.

Die angeordnete Maßnahme ist verhältnismäßig. Sie ist geeignet, da sie durch die starke Begrenzung der Besucher einer Einrichtung einer Verbreitung des neuartigen Coronavirus vorbeugt bzw. die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung deutlich verringert.

Sie ist auch erforderlich, da keine milderen Maßnahmen möglich sind. Zur Vorbeugung einer
Ansteckung ist es geboten, sich häufig die Hände zu waschen und zu desinfizieren, eine gewisse Husten- und Niesetikette zu wahren sowie bei Symptomen zuhause zu bleiben. Die Beachtung dieser allgemeinen Verhaltensregeln ist bei dem genannten erheblich gefährdeten Personenkreis jedoch nicht ausreichend und kann zudem leicht missachtet werden.

Das Besuchsverbot ist auch angemessen. Eine Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus könnte erheblich die Gesundheit beeinträchtigen bzw. sogar das Leben gefährden. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Bewohner der oben genannten Einrichtungen durch das
Betretungsverbot überwiegt in diesem Fall das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit der Besucher bzw. das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit. Auch werden therapeutisch oder medizinisch notwendige Besuche nicht ausgeschlossen, dringend notwendige Maßnahmen am Gebäude dürfen durch Außenstehende durchgeführt werden und im Notfall können Angehörige die Einrichtung betreten. Eine Voranmeldung wird als geringfügige Belastung desjenigen angesehen.

Die Inanspruchnahme sogenannter „Nicht-Störer“ ist ebenfalls verhältnismäßig. Grundsätzlich dürfen Maßnahmen nur gegen Personen gerichtet werden, die entweder Zustands- oder Verhaltensstörer sind. Allerdings ist es im vorliegenden Fall angezeigt, im Sinne einer erfolgreichen und effektiven Gefahrenabwehr auch Personen in Anspruch zu nehmen, die sogenannte „Nicht‑Störer“ sind. Andere, gleich wirksame Maßnahmen gegen Störer, also nachweislich infizierte Personen oder Personen, die sich nachweislich im Risikogebiet aufgehalten haben, sind nicht ersichtlich. Die Nicht-Störer werden durch diese Inanspruchnahme auch nicht erheblich selbst gefährdet und auch nicht in etwaigen für sie bestehenden höherwertigen Pflichten verletzt.

IV.

Die Anordnung tritt am Tag nach der ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft. Sie ist nicht befristet. Bei entsprechender erneuter Risikoeinschätzung wird die Allgemeinverfügung aufgehoben.

Die Anordnung stellt eine Maßnahme nach § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 IfSG dar.

Die Bußgeldbewehrung der Maßnahme bis zu 25.000 Euro folgt aus § 73 Absatz 1a Nr. 6 IfSG.

Gemäß § 75 Absatz 1 Nr. 1 IfSG wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer einer vollziehbaren Anordnung nach § 28 Absatz 1 Satz 2 zuwiderhandelt. Handelt der Täter im Falle des § 75 Absatz 1 IfSG fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

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